Es ist verrückt gerade. Natürlich sind wir auch von der Krise betroffen. Ich glaube, JEDER ist es gerade. Wirtschaftlich, gesundheitlich, mit mehr Workload oder Angst um den Job, Angst vor der Zukunft, in Sachen Social Distancing, weil er seine Lieben vermisst, in Sachen Tagesablauf, mentale Gesundheit,… die Liste ließe sich schier endlos fortführen. Und in der ersten und auch der zweiten Woche, da schwankte der allgemeine Zustand hier zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt.
In der Krise das Positive sehen
Jetzt in Woche 3, da ist der „Alltag“ irgendwie schon eingespielter. Da ist die Motivation zurückgekommen, weiterzumachen, Dinge anzugehen. Da will man die Zeit mehr nutzen, als „nur“ vom vormittäglichen Nervenzusammenbruch zum Mittagessen überzugehen, die Zeit nachmittags zwischen Kids & PC zu verbringen und am Abend denken: „Oh no, da liegen noch wirklich viele Tage dieser Art vor mir, vor uns.“ Etwas überspitzt geschrieben, aber ja, manche Tage fühlten sich wohl so an (und ich denke, werden sich auch weiterhin noch so anfühlen…)
Denn auch weiterhin ist klar, die Kids wollen ständig und immer Entertainment by Mama und Papa, dann ist da der Job, der Haushalt… aber im Endeffekt, da hat man, wenn auch unfreiwillig, doch irgendwie auch Zeit geschenkt bekommen.
Weil wir einfach zuhause bleiben müssen. Natürlich habe ich auch Sehnsucht nach manch einer der Sachen, die aktuell nicht möglich sind. Verabredungen, Restaurantbesuche, Freunde treffen, durch die Stadt bummeln, Beauty-Dates, Play-Dates… aber dieses „Du bist Zuhause und musst nichts“ ist gerade tatsächlich auch mal befreiend.
Zwar muss man bekannterweise auch Zuhause genug tun, aber das muss ich ja fast alles auch sonst tun. Aktuell muss ich es jedoch nicht um all die Unternehmungen „Außer Haus“ stricken. Und wir müssen gar nicht erst darüber nachdenken, was schöner wäre: Keller aufräumen am Wochenende oder doch Freunde besuchen? Den Garten hübsch machen oder doch lieber einen Stadtbummel?
Aktuell, da kann ich jetzt nur von mir reden – ohne systemrelevanten Job, nicht alleinerziehend, mit Mann, der auch viel von Zuhause arbeiten kann aktuell – braucht es nur Lust, Organisation und dann auch noch Motivation – und schon war der erste Schritt getan. Weg von „Den Tag überleben“ hin zu „Den Tag auch nutzen“. Und um das auch zu tun, erstellten der Liebste und ich eine zweiseitige ToDo Liste mit all dem, was hier noch gemacht werden muss / kann / soll. Klingt nicht nach viel Spaß, oder?
Und was stand drauf? Die Kinderzimmer sortieren (das geht auch, wenn die Kids dabei sind), die Klamotten verkaufen (da hatte der Liebste die Kids), den Keller aufräumen (samt MiniMiss), den Garten machen (Kids dabei) und noch viele weitere Dinge. Meinen Schrank aussortieren, Beautyprodukte aussortieren, die Garage aufräumen, kleine Handwerksarbeiten, eBay Kleinanzeigen einstellen, Telefonate führen… schier endlos! Und wir fragen und fragten uns schon ein paarmal, WANN wir das im „alten Alltag“ hätten schaffen wollen.
Wahrscheinlich gerade jetzt mit wärmer werdenden Temperaturen sehr schleppend? Und deshalb ist diese Tatsache des Zuhause sein müssens gerade in Bezug auf diesen Fakt gar nicht so schlecht. Denn das Gefühl der Befreiung, wenn all die „Ich müsste da mal was machen“ Aufgaben nach und nach aus dem Kopf verschwinden dürfen, ist schon gut. So wie das Gefühl: abends das Wohnzimmer aufräumen und dann erst den Fernseher anschalten. Der Blick ins Ordentliche beruhigt (mich) jeden Abend aufs Neue nach den chaotischen Tagen.
Somit hat die Entschleunigung auch etwas Positives. Dazu kommt, etwas anderes für mich auch mal Gutes.
Das Entschleunigt sein ohne FOMO zu haben. Fear of Missing out! Ist das nicht verrückt! Plötzlich ist die ganze Insta-Timeline zuhause. Sind alle Freunde auch Zuhause. Und machen nichts bzw nicht viel anderes, als der Rest der Welt. Eine große Influencerin hatte gestern einen Kommentar bekommen à la: richtig langweilig bei dir! Ich musste lachen, ja, irgendwann hat man Zuhause auch nicht mehr soviel zu erzählen, als wäre man stets on tour. So geht es jedem, warum sollte das bei ihr so arg anders sein? Vielleicht wird ein Bananenbrot gebacken, vielleicht werden YouTube Workouts gemacht… aber im Endeffekt sitzen alle Zuhause. Mit sich, mit ihren Liebsten.
Und wisst ihr was. Auch das finde ich fürs Seelenheil mal positiv. Nicht zu denken: die sind jetzt hier im Urlaub, auf dem Event, treffen sich hier, sind in dem Café… und ich sitze mit den Kids Zuhause und ja… hätte auch Lust auf all das. Dass es das mal geben wird? Ich hätte es nicht gedacht!
Entschleunigung. Und viel mehr Familienzeit. Soviel gemeinsame Mahlzeiten haben wir als Familie noch nie zusammen eingenommen. Gerade mittags nicht. Nie waren wir zusammen Sport machen, plötzlich gehen wir alle vier joggen. Wir teilen uns die Care Arbeit, jeder hat seine Auszeiten. Schön ist es 🙂
Nun bin ich gespannt, wie es weitergeht. Generell und emotional. Aktuell ist der Status hier GUT. Denn die Krise ist irgendwie schon Alltag geworden und dem haben wir uns nun angepasst. Natürlich gibt’s Ausreißer-Tage… aber das wäre ja auch kaum anders zu erwarten.
Wie es nächste Woche aussieht, das werden wir sehen.
Oder wie es aussieht, wenn es zurück in den alten Alltag geht. Wenn man ihn dann noch so nennen kann. Wie wird er wohl sein? Irgendwie fühlt sich ein Gedanke daran so an, als würde man eine Woche fasten (das habe ich 2x gemacht). Danach fühlt man sich wie ein zarter Schmetterling in Sachen: OMG, ich will nur noch gesund und gut essen – bis der Gedanke dann irgendwann verblasst und man wieder im alten Alltag angekommen ist. Wird das auch so sein? Wird man nur noch local shoppen, bewusster reisen, einkaufen, die kleinen Dinge schätzen… wir werden es sehen – oder doch bald so leben, wie DAVOR?