Unter dem Motto „Each for equal – jede:r für Gleichberechtigung“ steht der diesjährige Weltfrauentag. Ein Tag, der uns daran erinnert, dass Gleichberechtigung keine Selbstverständlichkeit ist, sondern eine fortlaufende Aufgabe für uns alle. Und so ist es. Das ist kein Sprint, sondern ein Marathon, der schon seit über 100 Jahren gelaufen wird.
Klar ist, seit dem ersten Weltfrauentag im Jahr 1911 haben Frauen bedeutende Meilensteine in Richtung Gleichberechtigung erreicht. Sie haben sich das Recht erkämpft, zu wählen (1918), eigenständig ein Konto zu eröffnen (1962) und einen Arbeitsvertrag zu unterzeichnen (1977). Auch das Gesetz zur Frauenquote in Führungspositionen in Deutschland ab 2016 markiert einen Fortschritt – auch wenn es bedauerlich ist, dass solche Maßnahmen überhaupt notwendig sind. Und mal ganz ehrlich, gerade die Errungenschaft in 1977 lässt mich doch erschaudern. Das sind unsere Mütter… Heute können wir uns gar nicht vorstellen, dass es mal anders gewesen sein kann.
Aber diese Entwicklungen zeigen, dass große Veränderungen möglich sind und dass es eine Gesellschaft schafft, das Potential jedes Menschen zu schätzen und zu entfalten. Sei die Frage mal dahingestellt… aber das ist ein anderes Thema, warum sich ein Geschlecht überhaupt „über das andere“ stellt. Aber gut…
Doch trotz dieser Erfolge stehen wir weiterhin vor einigen Herausforderungen. Um echte Gleichberechtigung zu erreichen, müssen wir strukturelle Probleme angehen. Dazu gehört auch ganz klar die Anerkennung der unbezahlten Fürsorgearbeit – egal ob für die ganz Kleinen oder die Älteren, die überwiegend von Frauen geleistet wird. Frauen dürfen nicht von Armut bedroht sein, weil sie sich um Familie und Haushalt kümmern. Sie sind meist der Kleber, der alles zusammenhält, und verdienen dafür angemessene Entlohnung und Wertschätzung.
Um diesen Wandel zu erreichen, brauchen wir ein Umdenken in der Gesellschaft und in der Wirtschaft. Es ist wichtig, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass ohne Fürsorge auch keine stabile Wirtschaft möglich ist. Dass es ohne das Schlagwort Vereinbarkeit auch keine Gleichberechtigung geben wird. Punkt.
Kein Weltfrauentag um 07:26 Uhr
Vereinbarkeit ist ein gutes Thema und Auslöser meiner kleinen Rede hier. Denn welche Herausforderung hat mich diese Woche via Nachricht in der Kita App erreicht – und das um 7:26 Uhr? KEINE Chance, um hier noch aktiv zu werden. Gerade dann nicht, wenn man die Großeltern eben nicht ums Eck hat.
„Die Kita schließt heute schon um 14:00 Uhr.“
Bedeutet wieder immens viel Aufwand bei den (genervten) Eltern, genervte Chefs, Aufgaben, die liegenbleiben, Termine, die abgesagt werden müssen. Versprechen, die man nicht halten kann. Das Gefühl von Unzuverlässigkeit.
Und ja. Ich finde es unfair und ungerecht. Denn Kita-wise halten wir uns an Absprachen und Termine, lassen kranke Kinder Zuhause, helfen mit.
Und dann werden wir gefühlt bevormundet, dann wird über meinen Tag bestimmt. „Wir schließen heute 2 1/2 Stunden früher“. Ätsch-bätsch. Egal, was Du auf der Arbeit vorhattest. Oder welchen (wichtigen) Termin Du privat in diese Zeit gelegt hast. Wir schließen um 14:00 Uhr. Auch, wenn der Grund verständlich ist. Das Verständnis endet meist bei den Eltern. Arbeitgeber, Kund:innen… haben dann meist schon kein Verständnis mehr.
Denn ja, ich kann auch mal im Home Office bleiben. Das ist privilegiert. Aber was ist mit all den Mamas und Papas, die dies nicht können? Die diese Nachricht heute erreicht hat? Die in Praxen arbeiten, im Supermarkt, bei der Polizei oder einfach auch in anderen Kitas und wo auch immer. Die heute Morgen auf dem Weg zur Arbeit die Nachricht nicht mit soviel „Nicht schon wieder“-Resignation gelesen haben, wie ich. Deren Chef:in nicht soviel Verständnis hat. Wie sollen Frauen weiterkommen, wenn das Thema Kinderbetreuung oft eine Farce ist. Krankheit ist ja schon ein Ding, aber wenn an gesunden Tagen dann das andere System nicht mithält… das macht mich wütend. Für alle die, die darunter leiden. Ob alleinerziehend oder in einer Partnerschaft, wo ein Elternteil vielleicht auch oft unterwegs ist. Auf Montage, oder wo einfach „nur“ ein verständnisloser Arbeitgeber Teil des Ganzen ist. Wo ein Elternteil vielleicht Kund:innen hat, denen nicht einfach abgesagt werden kann. Daran können Beziehungen zerbrechen. Noch einmal eine ganz andere Seite der Medaille. Wenn die Tage davon gekennzeichnet sind, wer einspringt, wer „wichtiger“ ist, wer mehr getan hat als der andere. Denn wenn das an normalen Tagen vielleicht fair aufgeteilt ist, dann ist es an den vielen unnormalen Tagen vielleicht immer noch ein Machtkampf. Und Kampf will niemand.
Ich finde es unfair. Dass Karriereschritte darunter leiden. Dass Frauen, vielleicht auch Eltern so der Stempel aufgedrückt wird: unzuverlässig.
Dass es einen Fachkräftemangel gibt aber gut ausgebildete Frauen Zuhause sitzen müssen, weil es das System nicht anders hergibt. Oder weil sich Arbeiten schlichtweg nicht lohnt. Weil die Betreuungskosten zu hoch sind. Aber das ist ein Teufelskreis. Wer zahlt am Ende den Preis? Ich bin dafür, dass man Erzieher:innen mehr zahlen muss. Denn auch sie halten das System am Laufen. Gäbe es sie nicht, wären alle Mütter ohne verlässliches Netzwerk (Großeltern ums Eck) etc. einfach mal für 6 Jahre raus aus dem Berufsleben. Oder länger.
Bevormundet. Fremdbestimmt. Unfair.
Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass Eltern die Möglichkeit haben, Familie und Beruf gleichermaßen zu vereinbaren, ohne dass sie dafür mit Nachteilen und Einschränkungen konfrontiert werden. Nur wenn wir die strukturellen Hindernisse beseitigen, können wir eine Gesellschaft schaffen, in der Gleichberechtigung und Fairness für alle gelebt werden. Und wisst ihr was, auch Selbstfürsorge sollte Teil des Ganzen sein. Wenn sich Eltern für Familie und Beruf so sehr aufreiben, dass nichts mehr von ihnen übrig bleibt, auch dann gibt es keine Gewinner:innen. Schon gar nicht unter den Kindern. Auf den Weltfrauentag! Jeden Tag!