Gäste empfangen – sicher doch! Vielleicht liegt es daran, dass ich in einem – damals nannte man es noch nicht so – Mehrgenerationenhaus aufgewachsen bin. In einem großen in 1904 erbauten Fachwerkhaus in einem 2.000 Einwohner-Dorf. Wirklich groß, weil es 3 Etagen hatte, einen Keller, einen Dachboden und einen Spitzboden. Dazu war mein Opa Schreiner, somit gab es eine Werkstatt und dann hatten meine Großeltern auch ein paar Tiere – Kühe, Schweine und Hühner – und deshalb gab es auch eine Scheune und einen kleinen Stall für vielleicht gerade mal 3 Schweine, 2 Kühe und ein paar Hühner? Da die Tiere längst nicht mehr da waren, als ich Hausbewohnerin wurde, hieß es für uns Kids vor allen Dingen: viel, viel Platz zum Spielen! Überall! Im Stall, der Scheune, in der Werkstatt und sowieso im Haus vom Keller bis zum Spitzboden. Und mittendrin: ganz viel Familie, denn das Haus war gut bewohnt.
Unten lebten meine Großeltern, in der Mitte nutzten wir (meine Eltern, meine Schwester & ich) einen Teil der Zimmer, den anderen nutzte eine nie verheiratete kinderlose ältere Schwester meines Opas, in der dritten Etage war der weitere Teil unserer Zimmer und dazu hatte eine andere verwitwete ältere Schwester meines Opas dort zwei Zimmer. Meine beiden Großtanten waren für mich immer alt – schon als Kind und sie sind auch beide sehr alt geworden, deshalb schätze ich, dass sie so Mitte/Ende 60 waren, als ich klein war? Und dazu alt zur damaligen Zeit – nicht 60 heute. 😉 Die Tante ganz oben kümmerte sich um sich, hatte sich in ihre Zimmer auch eine Küche eingebaut, die Tante in der Mitte kam zum Essen immer in die große Wohnküche meiner Oma an unseren großen Tisch. Um dies unfallfrei und großtantengerecht zu gestalten, kehrte meine Oma zur Mittagszeit all unsere Spielsachen mit einem Besen an die Seite, so dass die Großtante nicht stolpern würde. Bei uns war immer was los. Denn zu den Hausbewohnern kamen auch noch unzählige Nachbarskinder, Briefträger, Nachbarsfrauen und Co spontan immer wieder mit dazu, denn die Tür zum alten Stall, die dann in den hinteren Flur führte, war immer offen. Und auch meine Tante samt Cousin und Cousine waren immer wieder Teil der großen Runde, die oft zum Waffeln by Oma zusammenkam. Let’s call meine Kindheit: Halli Galli Büllerbü Style
Ein Fun Fact ist, dass ich tatsächlich bis ich 17 war, nicht ein einziges Mal alleine Zuhause war. Nie.
Und als ich von Zuhause auszog, da holte ich mir – warum auch immer – eine Wohnung alleine! Wie dumm kann man sein, frage ich mich heute… aber ich wusste es nicht besser. Ich glaube, meine Studienzeit wäre viel schöner gewesen, wäre ich in eine WG gezogen. Aber ich wusste es nicht besser und wagte auch den Schritt während des Studiums nicht. Dumm!
Erst in Bonn gründete ich eine eigene WG und zog dann später mit dem Liebsten zusammen. Und nun haben wir unser eigenes Zuhause, Dank der Kids auch mit viel Halli Galli. Aber wisst ihr, was ich besonders liebe?
Gäste empfangen – zieht doch ein! 🙂
Besuch! Und damit meine ich nicht Besuch auf einen Kaffee (Den mag ich auch, aber darum geht’s hier heute nicht) sondern Gäste, die länger bleiben. Wie kürzlich erst unsere Freunde aus Brasilien, die 6 Wochen lang in Deutschland waren. Wir waren quasi ihre Home Base, von der aus sie immer wieder unterwegs waren und andere Freunde / Family besuchten. Ich mag es einfach, dieses unkomplizierte Zusammenleben, dieses: Immer ist jemand zum Quatschen da, zum Kochen, spielt mal mit den Kids, kann mal einkaufen gehen… dieses lebhafte, bunte, dieses nicht alleine sondern viele. Ich finde es super, wenn die Gäste sich direkt zuhause fühlen und Teil unserer Familie werden. Da sind, mit uns leben, ihr Ding machen, man gemeinsame Dinge macht aber man frei von der Verpflichtung ist, ständig aufeinander hocken zu müssen . Denn was mich überfordern würde wären Gäste, die 5-Sterne-Full-Service erwarten. Das funktioniert in unserem wilden Family-Life mit vielen Terminen und Verpflichtungen nicht. On top kamen in den letzten 6 Wochen noch unzählige Übernachtungsgäste, da der Liebste Geburtstag hatte, meine Eltern da waren, andere Freunde zu Besuch kamen… Auch, wenn ich mich zwischendurch wie beim Hotel-Wäscheservice fühlte 😉 ich finde es einfach super.
Auch mein Schwager hatte vor einiger Zeit mal 5 Wochen bei uns gewohnt und ich wollte ihn nicht mehr gehen lassen. Eine Berliner Freundin war länger bei uns. Wer aus dem Freundeskreis ein Bett will, auch für länger: der kriegt es! Frisch gemacht und herzlich willkommen!
Nun sind unsere Freunde „back 2 Brazil“. Ich bin jetzt schon wehmütig. Aber die Gästebetten sind bereit für’s nächste Mal Gäste empfangen!