Telefoniert ihr noch oft? Also stundenlang? Ist das noch eine Art der Kommunikation in 2022? So, wie früher? Als man noch an ein Telefon gebunden war, dessen Kabel irgendwo in der Wand verschwand. Nix da mit kabellos. Oder im weiteren Zeitverlauf: nix da mit zu weit von der Basisstation entfernt sein. Das waren oft lange Anrufe. Bis in die Nacht hinein. Oder bis zu dem Punkt, wo jemand anderes aus der Family auch mal telefonieren musste.
Das waren Zeiten, in denen man sich noch zum Telefonieren verabredete. Zeiten – und das kann heute im Teenie Alter NIEMAND mehr verstehen – wo man eine Festnetznummer anrief und man NIE wusste, wer nun drangehen würde. Ich weiß noch zu gut, wie ich damals einen wirklichen Schwarm angerufen hatte, sein Vater dran ging und ich in all der Aufregung nicht mitbekommen hatte, dass es der Vater war. OH MY GOSH! Oder dieses: ab wieviel Uhr man nicht mehr bei jemanden auf dem Festnetz anrufen durfte. Da gabs ja unterschiedliche Zeiten je Family. Bei der einen Familie nicht mehr zum Abendessen, bei der nächsten nicht mehr zum Nachrichtenbeginn und sonntags schon gar nicht. Wie kompliziert alles war. Und geplant. Und wie verbindlich Anrufe waren.
Und heute. Da ist man 24/7 erreichbar. Whatsapp schreibe ich tatsächlich rund um die Uhr (nicht an 100% an meiner Kontaktliste, im beruflichen Kontext eher nicht), aber Freunde und Familie – why not. Ich gehe davon aus, dass das Handy nachts auf lautlos oder im Flugmodus ist und ich niemanden störe. Wenn doch: tell me please!
Anrufen… ich telefoniere mit meiner Family und mit einer Freundin sehr regelmäßig. Sonst regieren hier Messenger-Dienste. Mit vielen Kontakten habe ich auch eine „Instagram-Brieffreundschaft“. Wir besitzen noch nicht einmal gegenseitig unsere Telefonnummern, sondern kommunizieren über Instagram, mit den meisten habe ich jedoch Whatsapp Kontakt und mit vielen sogar per Sprachnachricht. Im besten Fall kurz gefasst, sonst in der Wiedergabe auf die 1,5 fache Geschwindigkeit gestellt. Und leider kommt es bei längeren Sprachnachrichten im Eingangspostfach schon einmal vor, dass ich das Abhören vergesse, weil ich denke: Oh, dafür brauchst Du Zeit – zum Abhören & Antworten und *schwups sind sie in der Reihenfolge wieder nach unten im Verlauf gerutscht.
Kommen wir zurück zum Telefonieren. Lustig ist, dass ich mit einigen Mädels gar nicht im Wir-telefonieren-Status war, wir aber plötzlich direkt im Zoom-Status gelandet sind. Lustig eigentlich, was das #stayathome gemacht hat.
Ich habe ein bisschen das Gefühl, dass Telefonieren schon fast zum Eingriff in die Privatsphäre geworden ist. Wann ruft man jemanden an? Einfach so? Es sind doch alle immer so busy. Verabredet man sich zum Telefonieren? Gefühlt hat sowieso nie jemand Zeit! Ich zugegeben selbst auch nicht, wenn ich nicht gerade im Auto sitze. Deshalb führe ich 90% meiner Telefonate im Auto auf Lautsprecher. Da habe ich Zeit und auch sonst will keiner etwas von mir. Zuhause? Da gibt’s doch soviele andere Dinge zu tun: Kids, Haushalt, Arbeiten, Entspannen… dass ich das letzte Mal ein längeres Telefonat Zuhause geführt habe? Vielleicht ein, zweimal mit meiner Ma, aber das war’s.
Es gibt auch Freundinnen, die erreiche ich wirklich nie, weshalb ich es aufgegeben habe, sie überhaupt per Telefon erreichen zu wollen. Weil ich weiß, wie busy sie sind. Dann bleibts halt bei Whatsapp und Live-Treffen.
Schon ein lustiges Thema… Nur der Liebste, der telefoniert an einer Tour. Mit jedem. Egal um welche Uhrzeit. Und ich frage mich: ist das ein Mann-Frau-Ding oder typabhängig, Kommunikation in 2022?
Photo by Mathias Radke